Schnitt-Stelle
Haarfarben, eine lange Geschichte
Bei Adam und Eva dürfte er wohl noch nicht vorhanden gewesen sein, spätestens aber bei den Neanderthalern war er da: der Wunsch nach Haarverschönerung durch Färben. Dies belegen zumindest Höhlenmalereien und zeitgenössische Fundstücke. Ob in der Steinzeit, in Ägypten, Griechenland oder im alten Rom - genau wie heute suchten schon damals die Menschen nach Mitteln und Wegen zur modischen, farblichen Veränderung der Haare. Kalbs- und Schlangenblut in Ägypten Schon in Ägypten war das Haarefärben bestens bekannt. Die natürlichen Haarfarben der Ägypter waren Braun, Schwarzbraun und Blauschwarz bis Tiefschwarz. Eine Ausnahme scheint Ramses II. (1290 - 1224 v.Chr.) gewesen zu sein, der rotes Haar und blaue Augen hatte. Die Ägypter legten viel Wert darauf, ihr eigenes Haar in Farbe, Natürlichkeit und Fülle zu erhalten. Mittel gegen das 'Ergrauen' oder Ausfallen waren Teil des Hauptgeschäftes der ägyptischen Ärzte. Das Weisswerden der Haare wurde zum Beispiel durch das "Kochen von Blut eines schwarzen Kalbes, Rindes, Schlange, das mit Öl auf das Haupt gesalbt wird" verhindert. Mehr als das eigene Haar wurden Perücken gefärbt, die für verschiedene Anlässe und Zeremonien ein- bzw. aufgesetzt wurden. Die beliebtesten Farben dafür waren Blaugrün, Blond und Rotblond. Die Perücken der ägyptischen Soldaten waren blau, wohl in Anlehnung an die blaue Kriegskrone des Pharaos. Als Färbemittel dienten unter anderem Indigo und Henna.Auch bei den Sumerern und Babyloniern stand das Haarefärben hoch im Kurs. Die natürliche Haarfarbe bei diesen orientalischen Völkern war dunkelbraun bis schwarz. Bitumen und Stibium, ein Antimonit, diente zum Schwarzfärben weissgewordener Haare. Eine Blond- oder Rotblondfärbung der Haare ist vielfach bezeugt. Als Färbemittel waren Safran, Henna und verschiedene Pasten eifrig im Einsatz. Blonde Kinder des Lichtgottes in Griechenland Die vorherrschende Haarfarbe bei den Griechen war schwarz. Aber auch blonde oder rotblonde Griechen waren nicht selten, wobei offen bleibt, ob es sich um gefärbtes oder natürliches Blond handelte. Blondes Haar galt als Haarfarbe der Götter und Helden - kein Wunder also, dass die natürlichen Blonden als Kinder des Lichtgottes bezeichnet wurden. Rothaarige dagegen hatten es nicht so leicht, denn: "Nichtswürdig sind alle Fremden, Bösewichter und Rothaarige" (Aristophanes). Bei älteren Menschen war das Haarefärben verbreitet, um das weisse Haar zu überdecken. Doch wurde dies häufig als Zeichen der Verweichlichung verachtet: "Ein alter Mann kam mit gefärbtem Haar nach Sparta ..., der König stand auf und sagte, was kann ein Mensch schon Kluges sagen, wenn er schon die Lügen auf dem Kopf trägt", wie der Historiker Aelian berichtet.Zum Haarefärben gab es die verschiedensten pflanzlichen Extrakte. Das einfachste Mittel zum Blondieren war es, stundenlang mit gewaschenem Haar in der prallen Sonne zu sitzen, Sonnenstich inklusive. Die Reichen täuschten Blondheit vor, indem sie sich Goldfäden ins Haar einwoben; diese Fäden fanden sich bereits in Gräbern des 2. Jahrhunderts v.Chr. Germanisches Haar für die Römerin Die bevorzugte Haarfarbe bei Männern und Frauen in der römischen Kaiserzeit war Blond, das in verschiedenen Nuancen (besonders Gold- oder Rotblond) zur Geltung kam. Reiche Römer streuten sich dafür auch Goldstaub auf die Haare. Bis zu ihrem Verbot im Jahre 672 v.Chr. waren Perücken und Haarteile überaus beliebt. Vor allem das blonde Haar der Germaninnen faszinierte die Römerin: "Wirst nun gefangenes Haar fernhin von Germanien dir holen; ein unterworfenes Volk verleiht dir Deckung und Schmuck" (Ovid, Amores). Das blonde Haar der Germaninnen wurde zu Perücken verarbeitet, die in Rom reissenden Absatz fanden. Wer sich die teuren, abgeschnittenen Haare der germanischen Sklavinnen nicht leisten konnte, versuchte die blonde Pracht mit Hilfe von Birkenschalen, Eidottern und Kamilleblüten auf den Kopf zu zaubern. Half das alles nichts, blieben als letzter Ausweg zum Färben nur noch alkalische Seife, germanische Kräuter und Salben sowie stundenlanges Ausharren unter intensivster Sonnenbestrahlung. Furchterregendes Rot für die Germanen Auf die Haarpflege legten die Germanen grossen Wert. So benutzten sie Seifenkugeln, die aus Wiesbadener Thermalquellen stammten. Diese Kugeln reinigten das Haar nicht nur, sondern färbten es auch rot. Damit sorgten die Germanen für ihr furchterregendes Aussehen im Kampf. Den Seifenkugeln mussten zum Rotfärben der Haare allerdings mineralische und pflanzliche Stoffe wie Mennige, Ocker oder Zinnober beigemengt werden. Von den Römern wurde dieses Mittel 'Sapo' genannt und ebenfalls als Haarfärbemittel verwendet. Als Wurzel dieses Wortes diente das germanische saipon, im Althochdeutschen seifar (Schaum), woraus das heutige Seife entstand. Im Mittelalter: rote Haare als Erkennungsmerkmal für Hexen Im Mittelalter hegte und pflegte man - ebenso wie schon in der Antike - eine besondere Abneigung gegen Rothaarige: "Trau keinem Rotkopf, das sind schlechte und jähzornige Menschen", heisst es in dem um 1000 entstandenen Ruodlieb-Epos. Ein Rothaariger wie Kaiser Otto II. (973 - 983) galt daher als übel man. Diese Abneigung gegenüber Rot machte sich auch in der Kunst bemerkbar: hier wird zum Beispiel der Verräter Judas ab etwa 1300 mit rotem Haar dargestellt. Blond wurde bevorzugt, Gold- und Gelbblond galten als die schönsten Haarfarben. Wer kein blondes Haar hatte, dem wurde ein Mangel des Standes, des Charakters oder die Herkunft aus einer barbarischen Nation nachgesagt. Kein Wunder, dass das Haarefärben zu dieser Zeit hoch im Kurs stand. Im späten Mittelalter versuchte man, sich vorwiegend entweder eine blonde oder aber schwarze Haarpracht zuzulegen. Rothaarige Frauen liefen jetzt sogar Gefahr, als Hexen verbrannt zu werden. Um dunkle Haare aufzuhellen, wurde geraten, eine Paste aus gesalzenen roten Schnecken auf die Kopfhaut aufzutragen. Zum Schwarzfärben war ein Brei aus feingeriebenen Granatäpfeln und grünen Walnussschalen mit einem Zusatz von Gallapfelpulver und Alaun erforderlich. Mit diesem Brei bestrich man das Haar, fügte eine Mischung aus Schwefel und Öl hinzu und liess es einen Tag und eine Nacht trocknen. Blonde Renaissance-Schönheiten Die elegante Dame der Renaissance trug bevorzugt blonde Haare. Besass sie diese nicht von Natur aus, so war kein Mittel für das ersehnte Goldhaar zu teuer. Gelegentlich wurden Kontraste eingesetzt: zum Beispiel bräunliches Haar am Oberkopf, blondes an den Seiten oder umgekehrt. Um das gewünschte Blond in den verschiedensten Tönungen zu erreichen, waren allerdings schwierige und langwierige Prozeduren erforderlich.Aus den Rezepten zum Haarebleichen machte man eine grosse Geheimniskrämerei. Gelegentlich konnten diese - vermutlich nicht allzu wirksamen - Mittel die absonderlichsten Ingredienzen enthalten: Eidechsenfett, Schwalbendreck und gebrannte Bärenknochen waren nicht ungewöhnlich. Manchmal wurde das aufgehellte Haar sogar mit Goldstaub und Irispuder eingestäubt. Im 16. Jahrhundert wurde das 'Tizianrot' immer beliebter. Erreicht wurde es durch Henna. Einen ganz besonderen Trick beherrschten die Venezianerinnen: nach einer Kamillenwäsche bleichten sie das Haar in der Sonne, indem sie es auf der Krempe eines Strohhutes ausbreiteten und in der Sonne trocknen liessen. Sobald die Haare trocken waren, wurden sie immer wieder mit einem in eine bleichende Essenz getauchten Schwamm befeuchtet.Andere zum Bleichen und Färben des Haares empfohlene Mittel lassen uns heute die Haare zu Berge stehen: Safran und eine Mischung aus Schwefel, Alaun und Honig waren nicht immer ungefährlich. Ein Doktor Marinello aus Modena warnte bereits 1562 in einem Traktat vor den unliebsamen Folgen des Bleichens: Die Kopfhaut könnte ernsthaft geschädigt werden und das Haar an der Wurzel ausfallen. Nichtsdestotrotz liess auch in der Spätrenaissance der Trend zum Haarefärben nicht nach. Schwarze Haare wurden unmodern, Elisabeth I. von England brachte einen rötlichen Ton in Mode, der ihrer natürlichen Haarfarbe entsprach. Der italienische Gelehrte Gianbattista della Porta (1535 - 1615) hielt es nicht für unter seiner Würde, ausführliche Anweisungen zum Färben des Haares zu erteilen: Man möge das Haar mit einem Sud aus dem Bodensatz von Weißwein und Honig die ganze Nacht feucht halten, danach trage man eine Mischung aus zerquetschten Wurzeln von Schellkraut und dem Öl von Kümmelsalat, Buchsbaumspäne und Safran auf und wasche diese Mixtur nach 24 Stunden mit einer Lauge aus Kohlstrünken und Roggenstroh ab. Die barocke Fontange-Frisur - eine Haarpracht in Schwarz Im Spätbarock war die Fontange-Frisur, kreiert von der Geliebten König Ludwigs XIV., für drei Jahrzehnte tonangebend. Für diese Frisur war Schwarz ein Must. Wer nicht wußte, wie man dieses Schwarz erreichte, dem half das Lady's Dictionary: Eine Mischung aus Eichenwurzel-Rinde, grünen Walnußschalen, schwerem alten Rotwein und Myrtenöl sollte Haar jeder Farbe pechschwarz färben. Ein weiteres altbewährtes Mittel war der Bleikamm, der vor allem gegen rotes Haar helfen sollte. Farbiger Aberglaube im Rokoko Zur Hochzeit der Perückenmode spielte natürlich auch deren Farbe eine wichtige Rolle: Silberweiß und blond sollte sie sein, auch Schwarz stand in der Beliebtheitsskala ganz oben. Braunes Haar dagegen war weniger gefragt und wurde in der Sonne gebleicht. Auch vor den Männern machte die Mode nicht halt: wie die Hofdamen trugen sie rosa, violett oder blau gepuderte Perücken. Hochkonjunktur hatte die Ableitung der Haarfarben von den "verschiedenen 'Temperamenten' und der Beschaffenheit des Geblüts und des Flüss-Wassers (...), wie denn diejenigen Personen, so einer feuchten und flüssigen Natur sind, gerne blonde und weisslichte Haare haben, die jähzornigen und mit vieler Galle beschwerten, röthlichte, die schwermüthigen und melancholischen schwarzte, die Blut-reichen, und welche eines frölichen Gemüths sind, schöne gelbe." Sicher war dieser Aberglaube der Grund dafür, dass viele Frauen durch das Haarefärben ihr Temperament verschleiern wollten. Ätzende Rezepte im Biedermeier Der Literatur kann man entnehmen, dass in der Biedermeierzeit rotes und graues Haar unbeliebt gewesen ist und Schwarz die bevorzugte Haarfarbe war. Aber auch von schönem blonden Haar wurde geschwärmt. Ignaz Jackowitz schreibt dazu 1844 in seinem Buch der Haare: "Da es jedoch bei uns nicht an Menschen fehlt, welche über jedes graue Haar oder rothe Härchen herfallen, und hiernach nicht selten den ganzen Menschen taxieren, so kann es Fälle geben, wo man lieber durch Kunst Das ersetzt, was uns die Natur stiefmütterlich versagt, und für solche Fälle muss man hier Rath finden." Auch im Biedermeier sah man bei roter Haarfarbe für die Trägerin schwarz, die alle möglichen schlechten Eigenschaften in sich vereinigte. Die Rezepte zum Färben wurden immer komplizierter und anscheinend auch gefährlicher. Ein Mittel, um sich die Haare zu schwärzen, sieht zum Beispiel so aus: "Man verfertiget sich ein starkes Galläpfeldekot, und wäscht die Haare damit, und lässt sie trocknen; hernach wäscht man sie mit einer Auflösung von grünem Eisenvitriol, und lässt sie abermals trocknen. Dann wäscht man sie wieder mit dem Galläpfeldekot , und hernach wieder mit der Auflösung von Eisenvitriol, und dieses wiederholt man so oft, bis sie die gehörige Schwärze angenommen haben. Das Galläpfeldekot bereitet man, indem man ein Viertelpfund türkische Galläpfel gröblich zerstösst, und in einem neuen Topfe mit vier Nössel Wasser bis auf drei Nössel Flüssigkeit einkocht, die man dann durchseiht, und aufbewahrt. Die Eisenvitriollösung wird aus drei Unzen Eisenvirtriol und zwei Pfund Wasser verfertiget."Beliebt war auch das 'Griechische Wasser', das aus Silber, aufgelöst in Salpetersäure, besteht. Diese metallischen Mittel waren extrem gefährlich, weil sie Schwellungen, Kopfschmerzen und Vergiftungen hervorriefen. Kein Wunder also, dass hin und wieder geraten wurde, sich in der Pflanzenwelt nach geeigneten Färbemitteln umzusehen. Historismus - Rot für die Kokotte In der Zeit um 1870 blieb das Färben nach wie vor beliebt. "Die Holländerinnen färben sich ihre rothen Haare schön blond nur durch Seife und Pottasche, welche sie zu gleichen Theilen in Wasser auflösen. Oefter als dies will man jedoch fuchsrothe, oder gelbgraue oder graue Haare gern dunkel färben, und hier steht das griechische Wasser oben an. Da es jedoch nicht räthlich ist, es sich selbst zu machen, so wollen wir auch nicht das Rezept dazu hersetzen, sondern nur soviel davon sagen, dass es ein ätzendes, metallisches Mittel ist, und alle metallischen Mittel leicht schädlich werden können. Man thut daher viel besser, sich in der Pflanzenwelt Raths zu erholen. Hält die Farbe auch nicht so fest, wie von jenem, so lässt sie sich doch jeden Morgen neu ersetzen, und dies hat auch sein Gutes" (Jackowitz). Rotes Haar galt als ordinär und entsprechend das Rotfärben als unschicklich. So ist die Darstellung der Kokotte 'Nana' mit rotem Haar von Edouard Manet typisch; bis in die heutige Zeit hat sich das Vorurteil gehalten, dass Rothaarige über ein besonderes Mass an Sensibilität, Erregbarkeit und Sinnlichkeit verfügen. Farbenfreude im 20. Jahrhundert Von der Gründerzeit bis zum Ersten Weltkrieg war das Tragen der natürlichen Haarfarbe en vogue, es wurde daher kaum gefärbt. Man verzichtete auf Accessoires, um die natürliche Schönheit des Haares wirken zu lassen.Zwischen den beiden Weltkriegen sorgte die Einführung der Oxidationshaarfarben für Furore. Das Färben war von nun an völlig problemlos. Fast alle Farbnuancen waren machbar, jede Wunschhaarfarbe liess sich ohne Schwierigkeiten und langwierige Prozeduren auf's Haar zaubern. Vorbilder für die Wunschhaarfarbe wurden die Stars aus Hollywood: Marilyn Monroe war die Verkörperung des blonden Vamps, Rita Hayworth die verführerische Rothaarige - Wunschbilder, denen viele Frauen durch das Färben ihrer Haare nacheifern wollten. So richtig farbenfreudig wurde es in der Hälfte der 70er Jahre mit dem Auftauchen der ersten Punker, deren Mode und schrille Haarfarben schnell Einzug ins Establishment fanden. Seit dieser Zeit findet sich kaum noch eine Frisur, die nicht zumindest mit farbigen Strähnchen ein wenig aufgepeppt ist - und das nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern. Was früher also in war, ist heute noch lange nicht out. Im Gegenteil: noch nie war das Haar bunter und farbenfreudiger als heute. Allerdings ist das Haarefärben heute nicht mehr mit schmerzlichen oder anrüchigen Verfahren verbunden, niemand muss mehr auf geheimnisvolle Tinkturen oder obskure Rezepte zurückgreifen. Der Wunsch nach einer farblichen Veränderung der Haare ist heute dank moderner Farben und Tönungen so leicht erfüllbar wie nie zuvor.
Dortmund
Schnitt-Stelle
Haarfarben, eine lange Geschichte
Bei Adam und Eva dürfte er wohl noch nicht vorhanden gewesen sein, spätestens aber bei den Neanderthalern war er da: der Wunsch nach Haarverschönerung durch Färben. Dies belegen zumindest Höhlenmalereien und zeitgenössische Fundstücke. Ob in der Steinzeit, in Ägypten, Griechenland oder im alten Rom - genau wie heute suchten schon damals die Menschen nach Mitteln und Wegen zur modischen, farblichen Veränderung der Haare. Kalbs- und Schlangenblut in Ägypten Schon in Ägypten war das Haarefärben bestens bekannt. Die natürlichen Haarfarben der Ägypter waren Braun, Schwarzbraun und Blauschwarz bis Tiefschwarz. Eine Ausnahme scheint Ramses II. (1290 - 1224 v.Chr.) gewesen zu sein, der rotes Haar und blaue Augen hatte. Die Ägypter legten viel Wert darauf, ihr eigenes Haar in Farbe, Natürlichkeit und Fülle zu erhalten. Mittel gegen das 'Ergrauen' oder Ausfallen waren Teil des Hauptgeschäftes der ägyptischen Ärzte. Das Weisswerden der Haare wurde zum Beispiel durch das "Kochen von Blut eines schwarzen Kalbes, Rindes, Schlange, das mit Öl auf das Haupt gesalbt wird" verhindert. Mehr als das eigene Haar wurden Perücken gefärbt, die für verschiedene Anlässe und Zeremonien ein- bzw. aufgesetzt wurden. Die beliebtesten Farben dafür waren Blaugrün, Blond und Rotblond. Die Perücken der ägyptischen Soldaten waren blau, wohl in Anlehnung an die blaue Kriegskrone des Pharaos. Als Färbemittel dienten unter anderem Indigo und Henna.Auch bei den Sumerern und Babyloniern stand das Haarefärben hoch im Kurs. Die natürliche Haarfarbe bei diesen orientalischen Völkern war dunkelbraun bis schwarz. Bitumen und Stibium, ein Antimonit, diente zum Schwarzfärben weissgewordener Haare. Eine Blond- oder Rotblondfärbung der Haare ist vielfach bezeugt. Als Färbemittel waren Safran, Henna und verschiedene Pasten eifrig im Einsatz. Blonde Kinder des Lichtgottes in Griechenland Die vorherrschende Haarfarbe bei den Griechen war schwarz. Aber auch blonde oder rotblonde Griechen waren nicht selten, wobei offen bleibt, ob es sich um gefärbtes oder natürliches Blond handelte. Blondes Haar galt als Haarfarbe der Götter und Helden - kein Wunder also, dass die natürlichen Blonden als Kinder des Lichtgottes bezeichnet wurden. Rothaarige dagegen hatten es nicht so leicht, denn: "Nichtswürdig sind alle Fremden, Bösewichter und Rothaarige" (Aristophanes). Bei älteren Menschen war das Haarefärben verbreitet, um das weisse Haar zu überdecken. Doch wurde dies häufig als Zeichen der Verweichlichung verachtet: "Ein alter Mann kam mit gefärbtem Haar nach Sparta ..., der König stand auf und sagte, was kann ein Mensch schon Kluges sagen, wenn er schon die Lügen auf dem Kopf trägt", wie der Historiker Aelian berichtet.Zum Haarefärben gab es die verschiedensten pflanzlichen Extrakte. Das einfachste Mittel zum Blondieren war es, stundenlang mit gewaschenem Haar in der prallen Sonne zu sitzen, Sonnenstich inklusive. Die Reichen täuschten Blondheit vor, indem sie sich Goldfäden ins Haar einwoben; diese Fäden fanden sich bereits in Gräbern des 2. Jahrhunderts v.Chr. Germanisches Haar für die Römerin Die bevorzugte Haarfarbe bei Männern und Frauen in der römischen Kaiserzeit war Blond, das in verschiedenen Nuancen (besonders Gold- oder Rotblond) zur Geltung kam. Reiche Römer streuten sich dafür auch Goldstaub auf die Haare. Bis zu ihrem Verbot im Jahre 672 v.Chr. waren Perücken und Haarteile überaus beliebt. Vor allem das blonde Haar der Germaninnen faszinierte die Römerin: "Wirst nun gefangenes Haar fernhin von Germanien dir holen; ein unterworfenes Volk verleiht dir Deckung und Schmuck" (Ovid, Amores). Das blonde Haar der Germaninnen wurde zu Perücken verarbeitet, die in Rom reissenden Absatz fanden. Wer sich die teuren, abgeschnittenen Haare der germanischen Sklavinnen nicht leisten konnte, versuchte die blonde Pracht mit Hilfe von Birkenschalen, Eidottern und Kamilleblüten auf den Kopf zu zaubern. Half das alles nichts, blieben als letzter Ausweg zum Färben nur noch alkalische Seife, germanische Kräuter und Salben sowie stundenlanges Ausharren unter intensivster Sonnenbestrahlung. Furchterregendes Rot für die Germanen Auf die Haarpflege legten die Germanen grossen Wert. So benutzten sie Seifenkugeln, die aus Wiesbadener Thermalquellen stammten. Diese Kugeln reinigten das Haar nicht nur, sondern färbten es auch rot. Damit sorgten die Germanen für ihr furchterregendes Aussehen im Kampf. Den Seifenkugeln mussten zum Rotfärben der Haare allerdings mineralische und pflanzliche Stoffe wie Mennige, Ocker oder Zinnober beigemengt werden. Von den Römern wurde dieses Mittel 'Sapo' genannt und ebenfalls als Haarfärbemittel verwendet. Als Wurzel dieses Wortes diente das germanische saipon, im Althochdeutschen seifar (Schaum), woraus das heutige Seife entstand. Im Mittelalter: rote Haare als Erkennungsmerkmal für Hexen Im Mittelalter hegte und pflegte man - ebenso wie schon in der Antike - eine besondere Abneigung gegen Rothaarige: "Trau keinem Rotkopf, das sind schlechte und jähzornige Menschen", heisst es in dem um 1000 entstandenen Ruodlieb-Epos. Ein Rothaariger wie Kaiser Otto II. (973 - 983) galt daher als übel man. Diese Abneigung gegenüber Rot machte sich auch in der Kunst bemerkbar: hier wird zum Beispiel der Verräter Judas ab etwa 1300 mit rotem Haar dargestellt. Blond wurde bevorzugt, Gold- und Gelbblond galten als die schönsten Haarfarben. Wer kein blondes Haar hatte, dem wurde ein Mangel des Standes, des Charakters oder die Herkunft aus einer barbarischen Nation nachgesagt. Kein Wunder, dass das Haarefärben zu dieser Zeit hoch im Kurs stand. Im späten Mittelalter versuchte man, sich vorwiegend entweder eine blonde oder aber schwarze Haarpracht zuzulegen. Rothaarige Frauen liefen jetzt sogar Gefahr, als Hexen verbrannt zu werden. Um dunkle Haare aufzuhellen, wurde geraten, eine Paste aus gesalzenen roten Schnecken auf die Kopfhaut aufzutragen. Zum Schwarzfärben war ein Brei aus feingeriebenen Granatäpfeln und grünen Walnussschalen mit einem Zusatz von Gallapfelpulver und Alaun erforderlich. Mit diesem Brei bestrich man das Haar, fügte eine Mischung aus Schwefel und Öl hinzu und liess es einen Tag und eine Nacht trocknen. Blonde Renaissance-Schönheiten Die elegante Dame der Renaissance trug bevorzugt blonde Haare. Besass sie diese nicht von Natur aus, so war kein Mittel für das ersehnte Goldhaar zu teuer. Gelegentlich wurden Kontraste eingesetzt: zum Beispiel bräunliches Haar am Oberkopf, blondes an den Seiten oder umgekehrt. Um das gewünschte Blond in den verschiedensten Tönungen zu erreichen, waren allerdings schwierige und langwierige Prozeduren erforderlich.Aus den Rezepten zum Haarebleichen machte man eine grosse Geheimniskrämerei. Gelegentlich konnten diese - vermutlich nicht allzu wirksamen - Mittel die absonderlichsten Ingredienzen enthalten: Eidechsenfett, Schwalbendreck und gebrannte Bärenknochen waren nicht ungewöhnlich. Manchmal wurde das aufgehellte Haar sogar mit Goldstaub und Irispuder eingestäubt. Im 16. Jahrhundert wurde das 'Tizianrot' immer beliebter. Erreicht wurde es durch Henna. Einen ganz besonderen Trick beherrschten die Venezianerinnen: nach einer Kamillenwäsche bleichten sie das Haar in der Sonne, indem sie es auf der Krempe eines Strohhutes ausbreiteten und in der Sonne trocknen liessen. Sobald die Haare trocken waren, wurden sie immer wieder mit einem in eine bleichende Essenz getauchten Schwamm befeuchtet.Andere zum Bleichen und Färben des Haares empfohlene Mittel lassen uns heute die Haare zu Berge stehen: Safran und eine Mischung aus Schwefel, Alaun und Honig waren nicht immer ungefährlich. Ein Doktor Marinello aus Modena warnte bereits 1562 in einem Traktat vor den unliebsamen Folgen des Bleichens: Die Kopfhaut könnte ernsthaft geschädigt werden und das Haar an der Wurzel ausfallen. Nichtsdestotrotz liess auch in der Spätrenaissance der Trend zum Haarefärben nicht nach. Schwarze Haare wurden unmodern, Elisabeth I. von England brachte einen rötlichen Ton in Mode, der ihrer natürlichen Haarfarbe entsprach. Der italienische Gelehrte Gianbattista della Porta (1535 - 1615) hielt es nicht für unter seiner Würde, ausführliche Anweisungen zum Färben des Haares zu erteilen: Man möge das Haar mit einem Sud aus dem Bodensatz von Weißwein und Honig die ganze Nacht feucht halten, danach trage man eine Mischung aus zerquetschten Wurzeln von Schellkraut und dem Öl von Kümmelsalat, Buchsbaumspäne und Safran auf und wasche diese Mixtur nach 24 Stunden mit einer Lauge aus Kohlstrünken und Roggenstroh ab. Die barocke Fontange-Frisur - eine Haarpracht in Schwarz Im Spätbarock war die Fontange-Frisur, kreiert von der Geliebten König Ludwigs XIV., für drei Jahrzehnte tonangebend. Für diese Frisur war Schwarz ein Must. Wer nicht wußte, wie man dieses Schwarz erreichte, dem half das Lady's Dictionary: Eine Mischung aus Eichenwurzel-Rinde, grünen Walnußschalen, schwerem alten Rotwein und Myrtenöl sollte Haar jeder Farbe pechschwarz färben. Ein weiteres altbewährtes Mittel war der Bleikamm, der vor allem gegen rotes Haar helfen sollte. Farbiger Aberglaube im Rokoko Zur Hochzeit der Perückenmode spielte natürlich auch deren Farbe eine wichtige Rolle: Silberweiß und blond sollte sie sein, auch Schwarz stand in der Beliebtheitsskala ganz oben. Braunes Haar dagegen war weniger gefragt und wurde in der Sonne gebleicht. Auch vor den Männern machte die Mode nicht halt: wie die Hofdamen trugen sie rosa, violett oder blau gepuderte Perücken. Hochkonjunktur hatte die Ableitung der Haarfarben von den "verschiedenen 'Temperamenten' und der Beschaffenheit des Geblüts und des Flüss-Wassers (...), wie denn diejenigen Personen, so einer feuchten und flüssigen Natur sind, gerne blonde und weisslichte Haare haben, die jähzornigen und mit vieler Galle beschwerten, röthlichte, die schwermüthigen und melancholischen schwarzte, die Blut-reichen, und welche eines frölichen Gemüths sind, schöne gelbe." Sicher war dieser Aberglaube der Grund dafür, dass viele Frauen durch das Haarefärben ihr Temperament verschleiern wollten. Ätzende Rezepte im Biedermeier Der Literatur kann man entnehmen, dass in der Biedermeierzeit rotes und graues Haar unbeliebt gewesen ist und Schwarz die bevorzugte Haarfarbe war. Aber auch von schönem blonden Haar wurde geschwärmt. Ignaz Jackowitz schreibt dazu 1844 in seinem Buch der Haare: "Da es jedoch bei uns nicht an Menschen fehlt, welche über jedes graue Haar oder rothe Härchen herfallen, und hiernach nicht selten den ganzen Menschen taxieren, so kann es Fälle geben, wo man lieber durch Kunst Das ersetzt, was uns die Natur stiefmütterlich versagt, und für solche Fälle muss man hier Rath finden." Auch im Biedermeier sah man bei roter Haarfarbe für die Trägerin schwarz, die alle möglichen schlechten Eigenschaften in sich vereinigte. Die Rezepte zum Färben wurden immer komplizierter und anscheinend auch gefährlicher. Ein Mittel, um sich die Haare zu schwärzen, sieht zum Beispiel so aus: "Man verfertiget sich ein starkes Galläpfeldekot, und wäscht die Haare damit, und lässt sie trocknen; hernach wäscht man sie mit einer Auflösung von grünem Eisenvitriol, und lässt sie abermals trocknen. Dann wäscht man sie wieder mit dem Galläpfeldekot , und hernach wieder mit der Auflösung von Eisenvitriol, und dieses wiederholt man so oft, bis sie die gehörige Schwärze angenommen haben. Das Galläpfeldekot bereitet man, indem man ein Viertelpfund türkische Galläpfel gröblich zerstösst, und in einem neuen Topfe mit vier Nössel Wasser bis auf drei Nössel Flüssigkeit einkocht, die man dann durchseiht, und aufbewahrt. Die Eisenvitriollösung wird aus drei Unzen Eisenvirtriol und zwei Pfund Wasser verfertiget."Beliebt war auch das 'Griechische Wasser', das aus Silber, aufgelöst in Salpetersäure, besteht. Diese metallischen Mittel waren extrem gefährlich, weil sie Schwellungen, Kopfschmerzen und Vergiftungen hervorriefen. Kein Wunder also, dass hin und wieder geraten wurde, sich in der Pflanzenwelt nach geeigneten Färbemitteln umzusehen. Historismus - Rot für die Kokotte In der Zeit um 1870 blieb das Färben nach wie vor beliebt. "Die Holländerinnen färben sich ihre rothen Haare schön blond nur durch Seife und Pottasche, welche sie zu gleichen Theilen in Wasser auflösen. Oefter als dies will man jedoch fuchsrothe, oder gelbgraue oder graue Haare gern dunkel färben, und hier steht das griechische Wasser oben an. Da es jedoch nicht räthlich ist, es sich selbst zu machen, so wollen wir auch nicht das Rezept dazu hersetzen, sondern nur soviel davon sagen, dass es ein ätzendes, metallisches Mittel ist, und alle metallischen Mittel leicht schädlich werden können. Man thut daher viel besser, sich in der Pflanzenwelt Raths zu erholen. Hält die Farbe auch nicht so fest, wie von jenem, so lässt sie sich doch jeden Morgen neu ersetzen, und dies hat auch sein Gutes" (Jackowitz). Rotes Haar galt als ordinär und entsprechend das Rotfärben als unschicklich. So ist die Darstellung der Kokotte 'Nana' mit rotem Haar von Edouard Manet typisch; bis in die heutige Zeit hat sich das Vorurteil gehalten, dass Rothaarige über ein besonderes Mass an Sensibilität, Erregbarkeit und Sinnlichkeit verfügen. Farbenfreude im 20. Jahrhundert Von der Gründerzeit bis zum Ersten Weltkrieg war das Tragen der natürlichen Haarfarbe en vogue, es wurde daher kaum gefärbt. Man verzichtete auf Accessoires, um die natürliche Schönheit des Haares wirken zu lassen.Zwischen den beiden Weltkriegen sorgte die Einführung der Oxidationshaarfarben für Furore. Das Färben war von nun an völlig problemlos. Fast alle Farbnuancen waren machbar, jede Wunschhaarfarbe liess sich ohne Schwierigkeiten und langwierige Prozeduren auf's Haar zaubern. Vorbilder für die Wunschhaarfarbe wurden die Stars aus Hollywood: Marilyn Monroe war die Verkörperung des blonden Vamps, Rita Hayworth die verführerische Rothaarige - Wunschbilder, denen viele Frauen durch das Färben ihrer Haare nacheifern wollten. So richtig farbenfreudig wurde es in der Hälfte der 70er Jahre mit dem Auftauchen der ersten Punker, deren Mode und schrille Haarfarben schnell Einzug ins Establishment fanden. Seit dieser Zeit findet sich kaum noch eine Frisur, die nicht zumindest mit farbigen Strähnchen ein wenig aufgepeppt ist - und das nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern. Was früher also in war, ist heute noch lange nicht out. Im Gegenteil: noch nie war das Haar bunter und farbenfreudiger als heute. Allerdings ist das Haarefärben heute nicht mehr mit schmerzlichen oder anrüchigen Verfahren verbunden, niemand muss mehr auf geheimnisvolle Tinkturen oder obskure Rezepte zurückgreifen. Der Wunsch nach einer farblichen Veränderung der Haare ist heute dank moderner Farben und Tönungen so leicht erfüllbar wie nie zuvor.