Schnitt-Stelle
Wer einen Blick in die historische Sammlung Schwarzkopf geworfen hat, weiss nicht, was eindrucksvoller ist - die Geräte, mit denen man vor Jahrzehnten das Haar bog, krümmte und wellte oder der opferbereite Mut unserer Mütter, Gross- und erst recht Urgrossmütter. Denn was heute in spielerisch anmutender Systematik in weniger als zwei Stunden die Locken natürlich federn und die Wellen schwingen lässt, muss damals - für das heutige Vorstellungsvermögen - eine Tortur gewesen sein. Es wird davon berichtet, dass mehrtägige Sitzungen notwendig waren, um in den Kinderschuhen der Dauerwelle so etwas ähnliches wie einen Lockenkopf zu bekommen. Und das nicht ohne das Risiko, durch heisse Kohlen, Dampf und Flüssigkeiten um ein schmerzendes Erlebnis reicher zu sein. Es begann jedenfalls alles damit, dass ein pfiffiger deutscher Friseur namens Karl Nessler um die Jahrhundertwende von der fixen Idee besessen war, das, was bisher nur in boraxgefüllten Kochtöpfen möglich war, direkt auf den Kopf der Kundinnen zu übertragen: die halt- und waschbare Locke! Die Frage dabei war nur: Wie einen Prozess aufs Haupt bringen, der immerhin über 100° Celsius erforderte. Es gelang ihm schliesslich, wenngleich er selbst nach der ersten Vorstellung um 1905 vor Kollegen in London nur Hohn und Spott erntete. Aber Nessler - inzwischen nannte er sich Charles Nestlé - kannte nun die Lösung und gab nicht mehr auf. Nach einer abermals ohne Resonanz durchgeführten Veranstaltung 1909 in Paris war ihm offenbar klar, dass die Vorurteile in Europa gegen sein Verfahren unüberwindlich waren. Die heraufziehende Kriegsgefahr beschleunigte seinen Entschluss, in Amerika einen neuen Anfang zu suchen. Er hatte dort Erfolg und wurde in wenigen Jahren ein vermögender Mann. In Europa setzte sich seine Erfindung zwar auch durch, trat aber erst nach dem Ersten Weltkrieg ihren Siegeszug an. Das System Nesslers bestand darin, das Haar mit einer stark alkalischen Lösung zu befeuchten und dann die Strähnen jeweils spiralförmig um einen aufrecht stehenden Stab zu wickeln. Darüber kam eine aufgeheizte - später direkt beheizbare Kammer - in der das Haar solange gekocht wurde, bis die gewünschte Umformung erreicht war. Den eigentlichen Durchbruch schaffte die Dauerwelle jedoch durch die Erfindung eines anderen deutschen Friseurs. Joseph Mayer aus Karlsbad hatte Nesslers System im Jahre 1900 kennengelernt. Mayers Idee, nicht spiralförmig, sondern einfach flach zu wickeln, war die Lösung, das System rationell und damit allgemein brauchbar zu machen. Wir profitieren noch heute von dieser Idee, wenn sich auch die Mittel inzwischen nicht mehr vergleichen lassen. Der Flachwickler Mayers war ein in der Mitte konisch geformter Wickler, der über einen elektrischen Widerstand im Innern aufgeheizt wurde. Eine andere Art der Beheizung bestand darin, das aufgewickelte Haar durch aufgeheizte Bolzen oder heizbare Sachets zu behandeln. Je nach Methode sprach man deshalb von Innen- oder Aussenheizung. Die Innenheizung sorgte für eine direkte Beeinflussung der Haarspitzen, die Aussenheizung traf zuerst die aussen liegende Ansatzstrecke des Haares. Man hatte also die Wahl, ob man springlebendige Spitzen oder eine kopfnahe Welle wollte. Eine Problematik konnte jedoch vorerst nur mit sehr viel Verantwortungsgefühl und Erfahrung bewältigt werden: die Gefahr einer Überhitzung und der aussergewöhnlichen chemischen Belastung des Haares. Dem Prinzip nach änderten alle Verbesserungen nichts an diesem Kernproblem. Eine entscheidende Zäsur trat erst 1947 ein, als die Firma Hans Schwarzkopf die erste deutsche Kaltwelle vorstellte. Mit dieser Erfindung war die Frau über Nacht von einem umständlichen Verfahren und vom stets Unheil drohenden Apparat entbunden. Mit Hilfe eines chemischen Verfahrens war es nun möglich, ohne zusätzliche Hilfe relativ natürlich umzuformen. Der Aufwand an Zeit war allerdings dadurch nicht viel geringer geworden, denn die ersten Kaltwellen erforderten recht ausgiebige Spülprozesse über dem Waschbecken. Die erste Zeit war naturgemäss mit vielen Versuchen ausgefüllt, die alte gewohnte Heisswelle und die Vorteile der neuen Kaltwelle zu vereinen. Der daraus entstehende Kompromiss nannte sich Mildwelle o.ä. Kennzeichnend für dieses System war, dass in jedem Fall (wenn auch erheblich weniger als bei der alten Heisswelle) Wärme zugeführt werden musste. Mediotherma nannte sich ein entsprechendes Produkt der Hans Schwarzkopf GmbH, zu dem sich später eine Wärmehaube mit dem Namen Alltherma gesellte. Die Vorteile der Kaltwelle waren indes so gravierend, dass etwa von der Mitte der 50er Jahre an die übrigen Verfahren der Dauerwelle keine Bedeutung mehr hatten. Der Siegeszug der Kaltwelle war unaufhaltsam. Wenn dennoch für die nächsten zehn Jahre eine gewisse Dauerwellmüdigkeit eintrat, so hatte dies zwei Gründe: Zum einen führte der allgemeine Wohlstand zum häufigeren Besuch beim Friseur. Die Erhaltung der Frisur über kürzere Zeiträume liess den Bedarf an Dauerhaftigkeit etwas zurücktreten. Der Trend führte zu natürlichen, jugendlichen Frisuren - in der extremen Form zur reinen Schnittfrisur. Am Anfang dieser Entwicklung stand die Frisur der Courrege- Mode. Die Dauerwelle wurde in dieser Zeit schon fast ein Attribut konservativer Rückständigkeit. Ein Beweis mehr, das modische Veränderungen gerade auch in den letzten Jahrzehnten ein Stück Gesellschaftspolitik widerspiegeln. Den Bedürfnissen des Alltags allerdings konnte sich die weitere Entwicklung nicht entziehen. Mit dem Wunsch, sich das Haar öfter als gewohnt und vor allem auch zu Hause leicht in Ordnung halten zu können, wuchs auch wieder der Bedarf nach einer Dauerwelle, die das ständige lästige Aufwickeln der Haare auf ein erträgliches Mass zurückschraubte. Heute stehen Schwung, Bewegung und vor allem Fülle und Volumen ganz oben auf der Wunschliste vieler Frauen, wenn es um ihre Frisur geht. Die Natur ist dabei manchmal geizig: wer nicht über dickes, fülliges Haar verfügt, musste sich - wenn er dauerhaft mehr Volumen haben wollte - bisher auch automatisch für Locken entscheiden - die klassische Dauerwelle war dazu der einzige Weg. Immer mehr Frauen sind heute jedoch nicht mehr bereit, eine lockige Löwenmähne als 'Zugabe' für mehr Volumen zu akzeptieren. Schwarzkopf)gehören diese Zeiten nun endgültig der Vergangenheit an. Die neuen Produkte verbinden Styling und dauerhafte Umformung, indem sie eine Basis im Haar schaffen, die Volumen dort hinbringt, wo es gewünscht wird. Darüber hinaus sorgen diese Produkte nicht nur für mehr Volumen, sondern können auch Bewegung ins Haar bringen, Proportionen betonen oder einfach für Stand sorgen. Der tägliche Stylingaufwand wird damit wesentlich geringer. Fazit: Omas Dauerwelle ist tot - heute kann der Friseur die Haare exakt so umformen, daß sie genau die Frisur ermöglichen, die seine Kundin erwartet.
Dortmund
Schnitt-Stelle
Wer einen Blick in die historische Sammlung Schwarzkopf geworfen hat, weiss nicht, was eindrucksvoller ist - die Geräte, mit denen man vor Jahrzehnten das Haar bog, krümmte und wellte oder der opferbereite Mut unserer Mütter, Gross- und erst recht Urgrossmütter. Denn was heute in spielerisch anmutender Systematik in weniger als zwei Stunden die Locken natürlich federn und die Wellen schwingen lässt, muss damals - für das heutige Vorstellungsvermögen - eine Tortur gewesen sein. Es wird davon berichtet, dass mehrtägige Sitzungen notwendig waren, um in den Kinderschuhen der Dauerwelle so etwas ähnliches wie einen Lockenkopf zu bekommen. Und das nicht ohne das Risiko, durch heisse Kohlen, Dampf und Flüssigkeiten um ein schmerzendes Erlebnis reicher zu sein. Es begann jedenfalls alles damit, dass ein pfiffiger deutscher Friseur namens Karl Nessler um die Jahrhundertwende von der fixen Idee besessen war, das, was bisher nur in boraxgefüllten Kochtöpfen möglich war, direkt auf den Kopf der Kundinnen zu übertragen: die halt- und waschbare Locke! Die Frage dabei war nur: Wie einen Prozess aufs Haupt bringen, der immerhin über 100° Celsius erforderte. Es gelang ihm schliesslich, wenngleich er selbst nach der ersten Vorstellung um 1905 vor Kollegen in London nur Hohn und Spott erntete. Aber Nessler - inzwischen nannte er sich Charles Nestlé - kannte nun die Lösung und gab nicht mehr auf. Nach einer abermals ohne Resonanz durchgeführten Veranstaltung 1909 in Paris war ihm offenbar klar, dass die Vorurteile in Europa gegen sein Verfahren unüberwindlich waren. Die heraufziehende Kriegsgefahr beschleunigte seinen Entschluss, in Amerika einen neuen Anfang zu suchen. Er hatte dort Erfolg und wurde in wenigen Jahren ein vermögender Mann. In Europa setzte sich seine Erfindung zwar auch durch, trat aber erst nach dem Ersten Weltkrieg ihren Siegeszug an. Das System Nesslers bestand darin, das Haar mit einer stark alkalischen Lösung zu befeuchten und dann die Strähnen jeweils spiralförmig um einen aufrecht stehenden Stab zu wickeln. Darüber kam eine aufgeheizte - später direkt beheizbare Kammer - in der das Haar solange gekocht wurde, bis die gewünschte Umformung erreicht war. Den eigentlichen Durchbruch schaffte die Dauerwelle jedoch durch die Erfindung eines anderen deutschen Friseurs. Joseph Mayer aus Karlsbad hatte Nesslers System im Jahre 1900 kennengelernt. Mayers Idee, nicht spiralförmig, sondern einfach flach zu wickeln, war die Lösung, das System rationell und damit allgemein brauchbar zu machen. Wir profitieren noch heute von dieser Idee, wenn sich auch die Mittel inzwischen nicht mehr vergleichen lassen. Der Flachwickler Mayers war ein in der Mitte konisch geformter Wickler, der über einen elektrischen Widerstand im Innern aufgeheizt wurde. Eine andere Art der Beheizung bestand darin, das aufgewickelte Haar durch aufgeheizte Bolzen oder heizbare Sachets zu behandeln. Je nach Methode sprach man deshalb von Innen- oder Aussenheizung. Die Innenheizung sorgte für eine direkte Beeinflussung der Haarspitzen, die Aussenheizung traf zuerst die aussen liegende Ansatzstrecke des Haares. Man hatte also die Wahl, ob man springlebendige Spitzen oder eine kopfnahe Welle wollte. Eine Problematik konnte jedoch vorerst nur mit sehr viel Verantwortungsgefühl und Erfahrung bewältigt werden: die Gefahr einer Überhitzung und der aussergewöhnlichen chemischen Belastung des Haares. Dem Prinzip nach änderten alle Verbesserungen nichts an diesem Kernproblem. Eine entscheidende Zäsur trat erst 1947 ein, als die Firma Hans Schwarzkopf die erste deutsche Kaltwelle vorstellte. Mit dieser Erfindung war die Frau über Nacht von einem umständlichen Verfahren und vom stets Unheil drohenden Apparat entbunden. Mit Hilfe eines chemischen Verfahrens war es nun möglich, ohne zusätzliche Hilfe relativ natürlich umzuformen. Der Aufwand an Zeit war allerdings dadurch nicht viel geringer geworden, denn die ersten Kaltwellen erforderten recht ausgiebige Spülprozesse über dem Waschbecken. Die erste Zeit war naturgemäss mit vielen Versuchen ausgefüllt, die alte gewohnte Heisswelle und die Vorteile der neuen Kaltwelle zu vereinen. Der daraus entstehende Kompromiss nannte sich Mildwelle o.ä. Kennzeichnend für dieses System war, dass in jedem Fall (wenn auch erheblich weniger als bei der alten Heisswelle) Wärme zugeführt werden musste. Mediotherma nannte sich ein entsprechendes Produkt der Hans Schwarzkopf GmbH, zu dem sich später eine Wärmehaube mit dem Namen Alltherma gesellte. Die Vorteile der Kaltwelle waren indes so gravierend, dass etwa von der Mitte der 50er Jahre an die übrigen Verfahren der Dauerwelle keine Bedeutung mehr hatten. Der Siegeszug der Kaltwelle war unaufhaltsam. Wenn dennoch für die nächsten zehn Jahre eine gewisse Dauerwellmüdigkeit eintrat, so hatte dies zwei Gründe: Zum einen führte der allgemeine Wohlstand zum häufigeren Besuch beim Friseur. Die Erhaltung der Frisur über kürzere Zeiträume liess den Bedarf an Dauerhaftigkeit etwas zurücktreten. Der Trend führte zu natürlichen, jugendlichen Frisuren - in der extremen Form zur reinen Schnittfrisur. Am Anfang dieser Entwicklung stand die Frisur der Courrege- Mode. Die Dauerwelle wurde in dieser Zeit schon fast ein Attribut konservativer Rückständigkeit. Ein Beweis mehr, das modische Veränderungen gerade auch in den letzten Jahrzehnten ein Stück Gesellschaftspolitik widerspiegeln. Den Bedürfnissen des Alltags allerdings konnte sich die weitere Entwicklung nicht entziehen. Mit dem Wunsch, sich das Haar öfter als gewohnt und vor allem auch zu Hause leicht in Ordnung halten zu können, wuchs auch wieder der Bedarf nach einer Dauerwelle, die das ständige lästige Aufwickeln der Haare auf ein erträgliches Mass zurückschraubte. Heute stehen Schwung, Bewegung und vor allem Fülle und Volumen ganz oben auf der Wunschliste vieler Frauen, wenn es um ihre Frisur geht. Die Natur ist dabei manchmal geizig: wer nicht über dickes, fülliges Haar verfügt, musste sich - wenn er dauerhaft mehr Volumen haben wollte - bisher auch automatisch für Locken entscheiden - die klassische Dauerwelle war dazu der einzige Weg. Immer mehr Frauen sind heute jedoch nicht mehr bereit, eine lockige Löwenmähne als 'Zugabe' für mehr Volumen zu akzeptieren. Schwarzkopf)gehören diese Zeiten nun endgültig der Vergangenheit an. Die neuen Produkte verbinden Styling und dauerhafte Umformung, indem sie eine Basis im Haar schaffen, die Volumen dort hinbringt, wo es gewünscht wird. Darüber hinaus sorgen diese Produkte nicht nur für mehr Volumen, sondern können auch Bewegung ins Haar bringen, Proportionen betonen oder einfach für Stand sorgen. Der tägliche Stylingaufwand wird damit wesentlich geringer. Fazit: Omas Dauerwelle ist tot - heute kann der Friseur die Haare exakt so umformen, daß sie genau die Frisur ermöglichen, die seine Kundin erwartet.